Mittwoch, 25. Januar 2012

Über Sammler und Zustände









Liebe Sammler


Heute möchte ich mal ein ernstes Wort mit Dir wechseln. Es geht um Deine Abneigung gegenüber Schallplatten mit Gebrauchspuren. Immer wieder muss ich zusehen wie Du Platten begutachtest. Du ziehst sie aus der Kiste, siehst Dir die Vorderseite an, dann die Rückseite, dann die Kanten an denen Du mit dem Finger entlangfährst, dann siehst Du nach ob die Original Innenhülle dabei ist und ob sich ein Poster weiter hinten versteckt. Und Du suchst nach Kratzern, hältst dafür die Platte so dass das Licht den günstigsten Einfallswinkel hat. Und dann, zu guter letzt, suchst Du nach Dellen, indem Du sie entweder scharf von der Seite ansiehst oder sonderbar balancierst. Oder, wenn Du etwas mehr Erfahrung hast, indem Du das Label drückst und auf ein "Plop" achtest - und dann, wenn Du mit allem fertig bist, liest Du die Informationen auf der Rückseite und beginnst von Vorne.


Lieber Sammler, ich verstehe Dich. Ich mache es genauso - bei Amiga Schlagersingles. Die will ich nämlich nicht hören - und kann es manchmal auch gar nicht, denn sie sind schlecht. Ich sammele sie so wie Briefmarken: Kein Zahn darf fehlen. Natürlich kannst Du sammeln was und wie Du willst, und meinetwegen kannst Du sogar Schallplatten so sammeln als seien es Briefmarken. Du wirst vielleicht sagen: Ich liebe die Musik, und eine gut erhaltene Schallplatte klingt besser als eine schlecht erhaltene. Ich versichere Dir: Das ist Quark. Was guter und was schlechter Klang ist das ist gar nicht so leicht zu sagen. Ich weiss aber, dass wirklich harte Sammler kaum Musik hören. Musik zu hören ist ihnen eine Last. Sie haben stets mehr Platten als sie hören können, und sie kaufen mehr als sie hören können. Die Platten drängen und fordern etwas, das der Sammler nicht einlösen kann - sie mehren das schlechte Gewissen und jeder Kauf der es beruhigen und mit dem der Käufer sich seiner Liebe zur Musik vergewissern will lässt es doch nur weiter wachsen. Der Plattensammler kauft, um seine Ruhe zu haben - und nicht um die Platten zu hören. Wer häufig auf Börsen ist kennt die steinerne Stille, die über den in Kisten grabbelnden Fingern liegt - und nichts ist schlechter für das Geschäft als jemanden in dieser Situation anzusprechen oder gar eine Empfehlung auszusprechen. Die Neigung zur fehlerfreien Platte ist ein Indiz für das ambivalente Verhältnis des Sammlers zur Musik, das aus den Fugen geraten ist.


Deshalb habe ich beschlossen nur noch Platten zu sammeln, die kein Sammler mehr haben will - und die dennoch wirklich gut sind. Meine These: Eine Platte ist gut, weil sie nicht nur Musik speichern kann, sondern auch Geschichten. Eine CD kann das nicht. Sie kann zwar Musik speichern, aber keine Geschichten. Wenn eine CD altert und Gebrauchspuren zeigt, wirkt sie schäbig. Wenn eine Platte Gebrauchspuren hat, zeigt sie Würde. Manchmal weiss ich, was die Platte schon so alles erlebt hat - wenn mir jemand davon erzählt wie wichtig sie im Leben war. Nur ein paar Andeutungen vielleicht, der Verkäufer will mir nicht mit seinem Kram zur Last fallen - aber ich merke: Da ist was. Die Kanten, die Du, lieber Sammler, so sorgfältig mit dem Finger abfährst, zeigen vielleicht genau die Spuren, die verraten, wie wichtig dem ehemaligen Besitzer die Platte war. Und Du stellst die Platte weg, wenn die Spuren zu stark sind - dabei sind dies genau die Spuren, die Vinyl-Schallplatten leben lassen - und CDs sterben. Ich vermute mit diesen Spuren geht es Dir wie mit der Musik: Du magst sie, aber sie werden Dir zu viel, sie sind Dir eine Last. Du suchst nach Ihnen, um Dich von ihnen zu distanzieren. Auch hier ist das ambivalente Verhältnis zu dem, was Schallplatten lebendig macht, aus den Fugen gelaufen.


Platten aus dem Osten haben besonders empfindliche Kanten, die Pappe der Cover war schlecht. Neulich fand ich diese Platte hier. Von der Gruppe "IRAKERE" - eine Cubanische Kapelle die Prima Tanzmusik spielt. Sie ist auf dem Label "Areito" erschienen - ein Sammlerlabel für Freunde Lateinamerikanischer Musik. Diese Platte hier hätte sogar einen gewissen Sammlerwert - nicht sehr hoch, aber 15 bis 20 Euro sind sicher angemessen. Dieses Exemplar hier scheint mir aus Cuba zu kommen. Auf der Rückseite ist eine Widmung des Trompeters Jaunito Munguia für einen Trompeter in Deutschland. Ein Geschenk - vermute ich. Und eine geliebte Platte, wie leicht zu sehen ist. Damit die Kanten keinen Schaden nehmen sind sie großzügig mit einem fetten und ziemlich hässlichen Klebeband geschützt. Der Trompeter Juanito hat oben noch eine Trompete auf das Cover gemalt - und hinten auf der Platte hat der ordentliche deutsche Trompeter ein paar Zahlen geschrieben - vermutlich die Daten, zu denen er die Platte gehört hat. auf das Klebeband ist hinten noch ein Stück anderes Klebeband geklebt worden, darauf eine Zahl, eine Registernummer, denn früher wurden in Deutschland neu angeschaffte Platten in ein Register eingetragen - erst dann waren sie im Plattenschrank willkommen. Die Innenhülle fehlt, die Platte ist mit Kratzern übersät.


Du wirst vielleicht sagen: OK, wenn der Trompeter unterschrieben hat, dann geht das in Ordnung. Vergiss es, ich kenne Dich! Du bringst es fertig und kaufst die Platte ohne Signatur, wenn Du die Wahl hast. Und wenn nun statt dem Trompeter der Freund der Freundin die Platte aus dem Urlaub mitgebracht hat und noch viel wildere Dinge mit ihr passiert sind als die die der Trompeter in Deutschland mit ihr angestellt hat? - ich vermute davon willst Du nichts wissen - oder doch? Nein, Du kannst die Platte eh nicht hören, zu viele andere warten noch. Perfektion ist Arbeit - und die Arbeit an dem was in den Rillen an Musik geborgen ist kann ein Leben füllen - also nix für Weicheier!


Warum sollte ich also mit diesem abgegriffenen verdreckten verklebten und zuletzt doch nur spießig registrierten Rest eines einst geliebten Gegenstandes abgeben? Ganz einfach, ich will die volle Breitseite! Ich will Platten anfassen die ein Leben haben - was kann wertvoller sein! Ich lege sie auf - ein Prasseln kommt mir entgegen. Und schon weniger Sekunden später treibt mich der Funky Fuzz davon und läßt mich strahlen. "Trumpets" rufe ich und schaute mir das Bildchen von Juanito auf dem Cover an. Genau so geht tanzen! Scheiss auf Briefmarken!


Musik? listen here (Irakere - Bacalao con Pan)

(Besucht auch meine Seite: www.lieblingsplatten-berlin.de)

Dienstag, 24. Januar 2012

Neuzugänge: Jazz

Heute Neu: Jazz aus dem 21. Stockwerk
300 gute Platten, Dutzende Knaller!
Nein, das sind keine Nachpressungen.


(Besucht auch meine Seite: www.lieblingsplatten-berlin.de)





Dienstag, 3. Januar 2012

Heute Neu: Jazz

kleine feine Sammlung Jazz
Wirklich schöne Platten, geliebt und nicht mehr ganz frisch, aber noch immer gut.
über 120 Stück.