Freitag, 16. Dezember 2011

Elf vielversprechende Arten einen Plattenhändler zur Weißglut zu bringen

Elf vielversprechende Arten einen Plattenhändler zur Weißglut zu bringen
(erprobt von und an Joachim Wendel)

1. Suchen Sie nach Schallplatten die es auch mit klassischem Sammlerlabel gibt (Grünes Brain, Ohr, goldenes Elektra, Pink Island, Vertigo Swirl usw.) und beweisen Sie Sachverstand, indem Sie mit großer Ruhe nachsehen, ob der Händler nicht doch die eine oder andere Originalpressung übersehen hat. Rümpfen Sie bei jeder Nachpressung die Nase und wenden Sie sich grußlos ab. Kommen Sie bald wieder und schauen Sie den gesamten Bestand erneut durch.

2. Fragen Sie nach Hardrock Schallplatten, gehen Sie die Kiste oder das Fach gründlich durch und kommentieren Sie jede Platte wie folgt: „Hab ich schon! Hab ich schon! Will ich nicht! Hab ich schon! Will ich nicht!“ – Lassen Sie sich eine Platte zurückstellen, von der Sie angeben nicht genau zu wissen ob Sie sie schon haben – ideal ist einen Rockklassiker von Deep Purple oder Led Zeppelin. Bei Ihrem nächsten Besuch haben Sie noch immer nicht nachgesehen, ob Sie die Platte schon haben, lassen sich aber eine weitere zurückstellen.

3. Lassen Sie sich ein paar Schallplatten der Stones, Beatles oder Doors empfehlen, handeln Sie einen Preis aus, kaufen Sie die Platten jedoch nicht und verabschieden Sie sich mit dem Kommentar: „Ich habe leider gar keinen Plattenspieler.

4. Suchen Sie sich einen Klassiker aus (zum Beispiel von Pink Floyd), und hören Sie sich dann am Plattenspieler für Kunden alle zwei Seiten (oder, falls es ein Doppelalbum ist, alle vier Seiten) ganz in Ruhe vollständig an. Stellen Sie die Platte kommentarlos zurück, suchen Sie sich eine weitere Platte, diesmal unbedingt ein Doppelalbum, und treten Sie damit erneut an den Plattenspieler.

5. Schauen Sie sich nur Schallplatten an, die Sie mit großer Wahrscheinlichkeit oder auch ganz sicher nicht kaufen wollen. Ziehen Sie die Platte möglichst grob aus der Hülle und stopfen Sie sie ähnlich grob wieder hinein, so dass die Innenhüllen dabei knicken. Ab und an dürfen Sie Fingerabdrücke hinterlassen. Wenn Sie Staub oder kleine Punkte sehen benetzen Sie Ihren Finger mit Spucke und wischen großzügig auf den Schallplatten herum. Wählen Sie nur teure Schallplatten. Keine dieser Platten kaufen Sie. Beschimpfen Sie den Händler, wenn er wütend wird oder heulen will.

6. Beweisen Sie Fingerfertigkeit, indem Sie einige gut sortierte Plattenkisten möglichst schnell durchgrabbeln. Ziehen Sie ab und an eine Platte heraus, sehen Sie sich Fachmännisch die Rückseite des Covers an und lassen Sie die Platte dann so in die Kiste fallen, dass das Vinyl die untere Kante durchschlägt. Wenn Sie besonderen Wagemut beweisen möchten dann stellen Sie sich dabei neben einen interessiert in der Nachbarkiste blätternden vermutlich kaufinteressierten ruhigen Kunden. Gehen Sie abschließend zur Kiste mit Raritäten, widmen Sie Ihr professionelle fünf Sekunden und fragen Sie abschließend nach einer ganz bestimmten Donna Summer Maxi.

7. Suchen Sie eine Stunde lang in den Ein-Euro-Grabbelkisten, hören Sie sich 25 Schallplatten daraus an, wählen Sie schließlich sehr zögerlich zwei aus und verwickeln Sie den Verkäufer anschließend in zähe Verhandlungen zwischen 1,50 und 1,80. Zahlen Sie einen bestimmten Teil des Betrages unbedingt in Kupfermünzen – zeigen Sie dabei Vergnügen und Stolz.

8. Fragen Sie den Verkäufer nach einer völlig unbekannten Band, und wenn er sie nicht kennt fragen Sie den Verkäufer nach einer sehr bekannten Band: „Aber AC/DC kennen Sie doch, oder? 

9. Fragen Sie den Verkäufer, ob er Schallplatten von James Last hat, und werfen Sie einen missmutigen Blick auf den Rest des Sortiments.

10. Wenn Sie einen Preisnachlass aushandeln wollen dann nutzen Sie als Argumente nur klassische Klischees: „Die Platte hat einen Kratzer“, „im Internet kostet Sie die Hälfte“, „der Kollege verkauft sie drei Euro günstiger“, „ich zahle nie mehr als drei Euro pro Platte“ – sobald Sie den Preis ausgehandelt haben ziehen Sie aus ihrem Rucksack eine Platte die sie im Tausch noch einbringen wollen. Entscheiden Sie sich zu guter Letzt gegen einen Kauf.

11.  Lachen Sie laut über die Preise und erklären Sie dem Händler, was die Platten wirklich kosten.

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    4 Kommentare:

    1. Lustiger Artikel. Ich habe Dir mal aus meiner Gegenperspektive geantwortet. Hehehe... No hard feelings. http://kupillas.wordpress.com/2011/12/18/zehn-grunde-plattenkaufer-zur-weisglut-zu-bringen/

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    2. Ja, prima! da kommen alte Erinnerungen an Zeiten auf zu denen mit andere Kunden noch egal sein könnten. Ach Jens, kannst Du Dich als Kunde nicht klonen? Über der Vinylwelt schiene die ewige Sonne!

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    3. Danke für die Blumen. Ich muss in Zukunft wohl (noch) härter verhandeln und (noch) schlechtere Platten kaufen... :-)
      P.S. Die 1-Euro-Platten von heute bringe ich nächste Woche zurück. Ich habe einen Kratzer auf dem Label der Seite 2 gefunden. Außerdem etwas schwammig in den oberen Mitten. Wohl falsches Master verwendet!

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    4. Unbedingt! Entschuldige bitte den Kratzer auf dem Label! ich werde die ein Euro Platten in Zukunft nach dem Waschen alle noch mal anhören ... Ja, das falsche Master, da könnte ich Dir was erzählen - die Klassikliebhaber können sich mitunter mit einem Euro durch die ganze Kiste hören - jede Woche bringen sie die Platte mit einer neuen Geschichte zurück! Spannender kann Musik nicht sein! Wenn Du nächste Woche kommst werde ich Dir das alles erzählen. Bring viel Zeit und Geduld mit.

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